Praktische Tipps für eine wirtschaftlichere Aufzucht des Jungviehs mit einem tieferen Erstkalbealter.
Einen vitalen und leistungsstarken Milchviehbestand ist der Grundstein für die wirtschaftliche Milchproduktion. Doch bei der Aufzucht der eigenen Rinder gibt es vieles zu beachten. Die weibliche Nachzucht sollte auf keinem Betrieb nur nebenherlaufen, denn die Leistungsfähigkeit der Kühe wird nachhaltig von der Aufzucht beeinflusst.
Der Startschuss in ein vitales Leben fällt mit einer ausreichenden Kolostrum Versorgung des Kalbes. Rund 10 % des Geburtsgewichts (≈ 3-4 Liter) Biestmilch innerhalb der ersten zwei Lebensstunden tragen wesentlich zur erfolgreichen Aufzucht bei und sind für das Neugeborene überlebenswichtig. Die Genetik des Kalbes beeinflusst die Laktationsleistung geringer als die Aufzucht. Das Kälbermanagement und die Aufzucht wirken sich vier Mal mehr auf die Leistung aus. Ungefähr 500 Liter Milch sollten bis zum Absetzen an ein Kalb vertränkt worden sein. Wasser zur freien Verfügung ist vom Tierschutzgesetzt für Kälber ab der Geburt vorgeschrieben. Schon vor dem Abtränken sollten die Aufzuchtrinder an Rau- und Kraftfutter gewöhnt sein. Mindestens 1 % des Körpergewichts darf an hochwertigem Kraftfutter bis zum Absetzen aufgenommen werden (ca.2 kg). Das Angebot von Raufutter ist wie die Wasserversorgung gesetzlich geregelt und vorgeschrieben. Dieses Angebot fördert die Entwicklung des Verdauungstraktes zum Wiederkäuer. Besonders zu beachten ist: Ein schlechter Zuwachs innerhalb der ersten 4 Lebensmonate kann durch eine optimale Aufzucht nicht mehr aufgeholt werden.
Wird das Kalb von der Milch entwöhnt, wird es per Definition zum Rind. Abgesetzt wird das Tier mit gut 150 kg Lebendgewicht. Mit ca. 200 kg Lebendgewicht hat das Tier nach gut 7 Lebensmonaten rund 30 % des Endgewichts erreicht. Es hat bereits hohe Ansprüche an die Rationsgestaltung. Die Mineralisierung, die oft vergessen geht ist vor allem im Wachstum entscheidend. Der Protein-, Energie- und Mineralstoffgehalt ist stark abhängig von der Region und der Grundfutterqualität. Deshalb ist die Auswahl des richtigen Ergänzungsfutters besonders wichtig. Mineralisierte Futter, die im Protein- und Energiegehalt an die Grundfutterration angepasst sind, optimieren das Fütterungsangebot für die Rinder. Denn der Lebensabschnitt vor dem Eintritt der Pubertät prägt das spätere Leistungsniveau besonders stark. Bis zur Besamung liegt der Proteinbedarf bei rund 15 % pro kg TS. Mit einem Lebensgewicht von 390 bis 410 kg sollten die Rinder je nach angestrebtem Abkalbealter (24 oder 31 Monate) besamt werden. Dieser Lebensabschnitt zwischen 12 und 18 Monaten ist prägend für das wachsende Tier. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die später sehr wichtigen Euterzellen angelegt. Sie sind entscheidend für das spätere Leistungspotential der Kuh. Mit einer Wiederristhöhe von ca. 135 cm liegen die Tiere in diesem Körpergewicht. Zu dem Zeitpunkt sollte das Rind 60 % des Endgewichts erreicht haben. Die hormonelle Umstellung der Pubertät und die bevorstehende Trächtigkeit bedeuten auch eine Umstellung im Fütterungsplan. Eiweiss- und Energiebedarf sollten auf 12 – 13 % Rohprotein und 5.2 bis 5.8 MJ/NEL reduziert und angepasst werden. Zu schnelles Wachstum führt auch zu diesem Zeitpunkt dazu, dass mehr Fettgewebe gebildet wird. Dies fällt der Euteranlage zu Lasten. Zu geringer Zuwachs schränkt das Wachstum und die Bildung von Euterzellen ein. Ein hoher Zuwachs begünstigt die spätere Milchleistung, jedoch ist der angestrebte Zuwachs ein Kompromiss zwischen Leistungserwartung und dem Risiko einer Verfettung. Die Energiezufuhr nimmt einen nachhaltigen Einfluss auf die Lebenserwartung der Tiere. Eine zu hohe Zufuhr an Energie bewirkt nicht nur eine Verfettung, sondern auch eine hohe Stoffwechselbelastung.
Fütterungsstrategien für die Jungviehaufzucht
Da aus wirtschaftlichen Gründen ein immer tieferes Erstkalbealter angestrebt wird (< 24 Monate) muss die Aufzucht gelingen. Einige Massnahmen lassen sich besonders einfach auf dem Betrieb umsetzen.
- Zweiphasen Fütterung (Phase 1: Absetzen bis Pubertät, Phase 2: Pubertät bis Abkalben)
- Auch Rindern darf nur qualitativ hochwertiges Futter vorgelegt werden
- Regelmässige Leistungskontrolle (Tageszunahmen, Gewicht, Grösse)
- Bewegung unterstützt die Entwicklung
- Erste Besamung zum richtigen Zeitpunkt (zwei bis drei Zyklen verstreichen lassen bis zur ersten Besamung)
- Der richtige Besamungszeitpunkt (ca. 15 Monate) verringert das Risiko, dass die Tiere verfetten.
- Bereits trächtige Rinder gezielt füttern und zeitgleich an die Herde und an den neuen Stall gewöhnen um den Stress um das Abkalben zu reduzieren.
Das volle Ausschöpfen des Leistungsvermögens einer Milchkuh hängt unter anderem davon ab, wie das Tier auf die Laktation vorbereitet wird. Die Entwöhnung und die ganze Aufzucht spielen dabei eine vorrangige Rolle. Erreicht das Tier bis zur Abkalbung nach 24 bzw. 31 Monaten ein Gewicht von gut 90 % des Endgewichts ist das Betriebskonzept in der Aufzucht gelungen.
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Rebecca Krieg, Technischer Dienst Milchvieh